Im Juni 2018 präsentierte Bell einen Hubschrauber in Europa der Öffentlichkeit, der von vielen Piloten schon lange erwartet wurde – die Bell 505 JRX (Jet Ranger X) – der Nachfolger des legendären Bell 206 Jet Rangers und direkter Konkurrent der Robinson R66. Nach sieben Jahren ist das der erste und sehr erfolgversprechende neue einmotorige Leichthubschrauber des amerikanischen Luftfahrtriesen.
Die Bell 206 ist vielleicht einer der bekanntesten Kleinhubschrauber. Fast jeder Pilot ist irgendwann in seiner Laufbahn schon einmal mit ihr geflogen. Und vielen ist vor allem das Zweiblatt-Rotorsystem als eine Mischung aus Fluch und Segen zugleich in Erinnerung geblieben: Wartungsarm und angenehm zu autorotieren, aber auch tückisch und nicht immer ganz ungefährlich, wenn man an Mast Bumping denkt. Gerade junge Piloten fürchten sich vor diesem Phänomen, ist es doch so schwer vorherzusehen und einzuschätzen.
Die Technik der Bell 505
Altbewährt trifft Moderne – so oder so ähnlich kann man die Technik der 505 umschreiben. Auch wenn das Design im ersten Moment surreal erscheint, finden wir bei näherer Betrachtung viele vertraute Teile der Bell 206 wieder – etwa, wie bereits angesprochen, den Zweiblatt-Hauptrotorkopf. Ein Blick “hinter die Kulissen“ und ins Innere der Struktur erinnert gar an die alten Zeiten der Bell 47 – eine Vielzahl von Rohren und Streben hält die Zelle in Form und spart gleichzeitig Gewicht.
Bei der Zelle entschied sich Bell für eine Kombination aus leichtem Aluminium und modernen Verbundstoffen wie Glas- und Kohlefaser sowie einer Honigwaben-Struktur – auch diese spart wieder viel Gewicht ein. Zwei große Kielstreben im Boden geben der Konstruktion die nötige Stabilität.
Beim Triebwerk setzt Bell erstmals auf die französischen Safran / Turbomeca Arrius 2 R mit 376 kw Leistung (504 Wellenpferdestärken) – einem leistungsstarken wartungsarmen Motor (3000 Stunden bis zur Grundüberholung). Auffallend ist hier die einfache Handhabung durch die Zweikanal-FADEC-Steuerung. (Von den beiden Kanälen arbeitet immer nur einer zur selben Zeit. Bei jedem Anlassen wird zwischen den beiden Kanälen gewechselt). Dank der Triebwerksüberwachung entfällt das manuelle Starten, wie wir es in der B206 kannten, vollständig.
So fliegt sich die Bell 505
Die Bell 505 macht im Flug ebenso viel – wenn nicht sogar mehr – Spaß als der gute alte Jet Ranger. Wer sich auf dem alten Muster wohl gefühlt hat, wird auch mit dem hoch modernen Nachfolger keine Schwierigkeiten im Handling haben. Das liegt eben auch daran, dass der Aufbau des halbstarren Hauptrotorkopfes dem der 206 zum Verwechseln ähnlich ist. Der Rotor Drive Shaft ist bei der 505 allerdinge einige Zentimeter länger. Deutlich verbessert wurde der Heckrotor, der nun wesentlich mehr Leistung erzeugt, wodurch das bekannte Problem des Jet Rangers bei „kritischem Wind“ nicht mehr relevant ist. Das Höhenleitwerk mag simpel ausschauen, hält den Hubschrauber im Vorwärtsflug aber angenehm stabil. Die Aufhängung des Getriebes hat Bell grundlegend überarbeitet – Flüssigkeitsdämpfer sollen später dafür sorgen, dass ein Flug in der 505 zum sanften Erlebnis wird und man nicht mehr jedes Schlagen der Blätter im Rücken spürt.
Hat man im modernen Cockpit Platz genommen, möchte man den neuen Hubschrauber natürlich auch fliegen und erleben. Beim Start hat der Pilot die Möglichkeit, Passiergewichte und Treibstoffmenge in das G1000H einzugeben und erfährt umgehend, ob er sich noch innerhalb seiner Limits befindet.
Das Hochfahren selbst ist – FADEC sei Dank – einfacher denn je: den Schalter am Pitch auf Idle umlegen und den Motorhebel auf „Start“, schon fährt das Triebwerk völlig autonom hoch. Das Aufnehmen der Maschine gelingt 206-Piloten auf Anhieb, aber auch für Umsteiger ist es keine große Herausforderung, den kleinen Heli sicher und stabil zu schweben. Die Flugeigenschaften der 505 sind gutmütig, obgleich agil. Die Steuerung selbst ist etwas „straffer“ als bei der 206 und der Pilot erhält mehr Feedback von der Maschine: Sowohl die Pedalbewegungen fordern etwas mehr Kraft als auch die Hydraulik.
Bell setzt sehr viel auf das neue Modell. Nicht nur wurde eigens eine neue Werfthalle für den Hubschrauber in den USA errichtet, auch 250 neue Arbeitsplätze schaffte die Serienproduktion des Helikop-ters bis jetzt. Heute werden die meisten Komponenten der 505 im kanadischen Mirabel gefertigt, in Europa ist die Facility in Prag für das Muster zuständig. Hier erfolgt die Endmontage nebst Lackierung. Seit Kurzem sind die RUAG in der Schweiz und die Motorflug in Baden-Baden zertifizierte Servicepartner von Bell.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 3/2018 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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