Sonntag, September 28, 2025
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StartROTOR Forschung & InnovationSimulierte Schiffsdeck-Landungen

Simulierte Schiffsdeck-Landungen

Mit einem Hubschrauber von einem Schiff abzuheben oder dort an Deck zu landen ist für Piloten der Marine ein alltägliches Szenario. Jedoch: Eine verlässliche Lösung zum simulierten Training solcher Verfahren gibt es nicht. Denn es gibt kein verlässliches Windmodell, das die Luftverwirbelungen an den Schiffsaufbauten naturgetreu in die Berechnungen des Simulator-Computer einfließen lässt.

Während es für Marine-Piloten zu den herausforderndsten Routinen in der fliegerischen Praxis gehört, kommt dieses Verfahren in der zivilen Luftfahrt eigentlich kaum vor (ausgenommen VIP-Verkehr zu Superyachten oder Flugverkehr auf fahrenden Forschungsschiffen beispielsweise): die Landung auf einem fahrenden Schiff. Erfahrene Piloten sind zum Beispiel auf dem Heck einer Fregatte mehrere hundert Male in ihrer Karriere gelandet und sie alle erinnern sich noch, wie das Flugtraining begann, nämlich in einem echten Hubschrauber.

Die ernüchternde Wahrheit hinter der Tatsache, dass Schiffsdecklandungen überwiegend mit dem Realhubschrauber geübt und trainiert werden ist, dass sogar Hubschraubersimulatoren der höchsten Leistungsklasse Level D nicht mit geeigneten synthetischen Routinen ausgestattet sind. Während ein Computer in der Lage ist, den Einfluss selbst stärkster Winde auf das digitale Simulationsmodell des jeweiligen Hubschraubers zu berechnen und den Simulator entsprechend zu steuern, sodass für den Piloten das „Windgefühl“ in der Kanzel entsteht, sind die Windverhältnisse bei einer Decklandung komplett unvergleichbar.

Fliegen im Strömungsfeld des Schiffes

Die TU München erforschte die Auswirkungen von Luftverwirbelungen beim Anflug auf Schiffdecks. (Foto: TU München)

„Bei einer Schiffsdecklandung geht es bei weitem nicht nur um das Hoch und Runter des Schiffes unter dem Hubschrauber im Wellengang. Es geht vor allem um das Strömungsfeld der Luft, das durch die Aufbauten des fahrenden Schiffes induziert wird“, erklärt Professor Manfred Hajek von der technischen Universität München (TUM). „Ein Schiff, das mit 30 Knoten fährt, erzeugt nämlich ebenfalls Turbulenzen – und zwar zusätzlich zu den ohnehin herrschenden Windverhältnissen. Wenn beides zusammenkommt, dann wird eine perfekte Decklandung eine echte Herausforderung.“

Doch bevor man sich bei der TUM mit den Luftströmungsfeldern beschäftigte, die übrigens vom US-Militär für verschiedene Schiffstypen mal ausgemessen und kategorisiert wurden, untersuchten Hajek und seine Studenten den Einfluss unterschiedlicher Untergründe auf den Abwind landender Hubschrauber. Was ein wenig merkwürdig klingt, hat einen ernsten Hintergrund und ist bei Piloten bestens bekannt: harte Untergründe wie Asphalt haben einen anderen Einfluss auf das Strömungsverhalten des Downwashs wie beispielsweise eine Wiese. Wenn sogar beides zusammenkommt, der Hubschrauber also teilweise auf Gras und teilweise auf Beton landet, dann kann der Helikopter durchaus „lebhaft“ werden.

Nicht für die Zulassung

Die TU München erforschte die Auswirkungen von Luftverwirbelungen beim Anflug auf Schiffdecks. (Foto: TU München)

Im Grunde untersuchen die Forscher der TUM die unsichtbaren externen Einflüsse auf den fliegenden Hubschrauber. Und weil kein zertifizierter Simulator verpflichtet ist, diese Fähigkeiten abzubilden, war das Institut quasi gezwungen, sich einen eigenen Simulator zu bauen. Die Maschine basiert auf nur leicht modifizierten digitalen Hubschraubermodellen, die vom Hersteller Airbus Helicopters zur Verfügung gestellt wurden, und ist allerdings auf eine fixierte Bodenplatte ohne Bewegungsgrade beschränkt. „Der Screen ist das einzige Element, das dem Piloten ein Bewegungsgefühl vermittelt. Und wir brauchen auch nicht mehr, denn wir werden diesen Simulator nicht zertifizieren“, unterstreicht Hajek.

Ein Grund dafür ist sicherlich, dass es keine vorgeschriebenen Prozeduren gibt, nach denen ein Simulator eine Schiffsdecklandung in einem spezifischen Luftströmungsfeld darstellen soll. Ein weiterer, vielleicht sogar der wichtigste Grund ist, dass ein zertifizierter Simulator anschließend nicht mehr verändert werden kann, ohne seine Zulassung zu verlieren. Das würde jedoch dem Grundansatz der Forscher widersprechen.

Immer noch Ungenauigkeiten

Den eigenen Simulator überhaupt zu bauen, war übrigens an sich schon eine Herausforderung. Die aufgewendeten Mannstunden belaufen sich inzwischen auf mehr als sechs Jahre und ein Ende ist nicht in Sicht: „Wir finden immer noch Ungenauigkeiten in unseren Software-Routinen und wir hoffen auf den Tag, an dem ein Marine-Hubschrauberpilot uns tatsächlich bescheinigt, dass unser Code eine Schiffsdecklandung akkurat simuliert.“

Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 3/2020 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
http://www.rotorblatt.de

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