Die Idee hinter dem Low Flight Network (LFN) des Luftrettungsbetreibers REGA ist nachvollziehbar.Aufgrund schlechten Wetters können jedes Jahr nach Angaben des Schweizer Luftrettungsbetreibers bis zu 600 Patienten nicht gerettet werden. Die Schweiz ist ein alpines Land mit Hochgebirge, wo das Wetter häufig eine besondere Rolle spielt, und das sogar in den verschiedenen Tälern ganz unterschiedlich. Doch nun gibt es eine Lösung, die sogar das Potential zum Vorbild für andere Länder mit ähnlicher Topographie hat.
In der Lage zu sein, bei jedem Wetter zu retten, davon dürften viele HEMS-Betreiber träumen. Für die REGA war das jedoch alles andere als zufriedenstellend. Daher investierte man viel Geld, Zeit und Kraft in die Entwicklung einer Lösung. Weil es fernab von Verkehrsflughäfen und in niedriger Flughöhe keine Einrichtungen für das Instrumentenflugverfahren gibt, ist man immer auf Wolkenlücken und klare Sicht im Endanflug auf die Einsatzstelle oder den Helipad eines Krankenhauses angewiesen. Doch mit der Einführung der Satellitennavigation kam man der Lösung bereits einen Schritt näher. Das leistungsabhängige Navigationskonzept der ICAO (PBN) berücksichtigt bereits eine größere Flexibilität für die Entwicklung von Flugverfahren, doch die in den Bestimmungen vorgegebenen Parameter sind allesamt sehr konservativ ausgelegt und orientieren sich zudem allein an den Erfahrungen mit der Flächenluftfahrt, ohne auf die Fähigkeiten, aber auch Notwendigkeiten eines Hubschraubers einzugehen.
Für moderne Hubschrauber ist beispielsweise ein Navigationsleistungswert von 0.3 in der Vorgabe vorgesehen. Das bedeutet, dass ein Hubschrauber im Anflug nur 0,3 nm Abweichung von einer gedachten Sollposition erreichen darf. Eine leistungsstarke Navigationsfähigkeit ist für das Point-In-Space-Verfahren unbedingt notwendig und es leuchtet ein, dass das gerade beim Fliegen ohne Sicht in engen Tälern erst Recht ein wichtiges Kriterium ist.
Zwei Probleme sind zu lösen
Nun kommt es in den Bergen aber oftmals dazu, dass man selbst in niedriger Höhe über Grund bei schlechtem Wetter auch in Vereisungsbedingungen einfliegt. Ein überwiegend hubschrauberfeindliches Szenario, denn die wenigsten Rettungshelikopter sind mit einer Enteisungsfunktion ausgestattet. Das ist momentan überwiegend den großen Maschinen im Offshore-Betrieb vorbehalten. Sobald die Außentemperatur unter 2 Grad Celsius sinkt, können die Rotorblätter Eis aufbauen.
So war schnell klar, dass das Low Flight Network der REGA eigentlich aus zwei Komponenten besteht: Das eine war die Entwicklung eines IFR-Luftwegenetzes in niedriger Höhe mit den entsprechenden Navigationsvorgaben und das zweite betraf den Hubschrauber, der über ein Enteisungssystem verfügen muss.
Bevor jedoch über einen Hubschrauber nachgedacht wurde, ging es erstmal um die Entwicklung des LFN selbst. In einer Testphase hat man begonnen, die herkömmlichen Rettungsflüge im Betrieb der REGA aufzuzeichnen und zu analysieren. Auf dieser Basis legte man dann das Streckennetz fest, welches eine Route von Ost nach West und eine, die von dieser ersten Hauptroute nach Süden abzweigt, umfasst. Anschließend wurden Verbindungsstrecken zu entlegenen Flugplätzen und Krankenhäusern geplant. Die Flughöhen liegen zwischen 4.000 bis 6.000 Fuß, nur bei der Überquerung von Bergen steigen die Routen auf bis zu 12.000 Fuß an.
Kursabweichungen bei GPS-Ausfall
Doch neben einem leistungsfähigen Hubschrauber ist ein solches Luftstraßennetz auch auf eine permanente Verfügbarkeit von Satellitensignalen angewiesen. Und das ist in Tälern bekanntlich nicht immer der Fall. So wurden weitere Tests unternommen, indem man bei bestimmten Flügen den Satellitenempfänger für fast eine halbe Stunde abschaltete und der Helikopter allein auf seinen eigenen Lagesensor des AHRS (Altitude Heading Reference System) angewiesen war. Auf einer geflogenen Strecke von 50 nm ergab sich in einem Fall die erste Abweichung nach 10 und in einem anderen Fall sogar erst nach 30 nautischen Meilen. In beiden Fällen wurde die maximal zugelassen Abweichung der ICAO entweder erreicht oder überschritten. Zusammen mit den Experten der Schweizer Flugsicherung SkyGuide kam man aber überein, dass diese Abweichung im Fall eines kurzzeitigen Signalverlustes kein Problem darstellen würde.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 3/2017 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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