Die Luftfahrtsparte der litauischen Armee ist auf ihrem Weg, sich den geforderten NATO-Standards anzupassen. Deutschlands führendes Helikopter-Magazin ROTORBLATT bekam exklusive Gelegenheit für einen Besuch und führte Gespräche über die aktuellen und künftigen Einsätze der litauischen Luftwaffe.
Die Litauer bezeichnen sie lieber als Luftfahrtbasis anstatt Lufttützpunkt: Lielvārde, der frühere Flugplatz der Sowjetarmee, der bereits 1994 der Luftwaffe gehört. Das liegt vor allem an den Rahmenbedingungen. Denn die Basis ist die Heimat der gesamten Luftwaffe, von Abwehrraketen, Luftraumüberwachung, Kommunikation und Materialunterstützung bis hin zu der ersten Flugstaffel. Die einzigen Außenposten sind Liepāja und Rēzekne, wo die Radarstationen stehen, die mit dem baltischen Überwachungsnetzwerk zusammengeschlossen sind.
Zunächst gab es nur eine Verpflichtung der Radarüberwachung gegenüber dem Combined Air Operations Center (COAC) in Udem, Deutschland. Aber das reicht nicht. „Wir müssen uns auch in Richtung der NATO Standards ausstrecken und uns auf die betrieblichen Abläufe (STANEX) einstellen. Doch das wird ein langer Prozess sein und das meiste der Straße liegt noch vor uns. Was wir im Moment tun ist, uns die STANEX-Vorgaben anzuschauen und dann zu entscheiden, ob wir wenigstens Teile davon schon jetzt implementieren können oder wir das auf eine der nächsten Stufen verschieben“, erklärt Stabschef Oberstleutnant Juris Pļaviņš.
Das liegt hauptsächlich daran, dass einige Teile des litauischen Equipments nicht den aktuellen NATO-Systemen entsprechen oder mit ihnen kompatibel sind. Die Mil Mi-17 ist dabei ein gutes Beispiel. Das Gegenteil ist bei der Luftabwehr der Fall, wo das Kurzstrecken-Luftverteidigungssystem RBS-70 überhaupt keine Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit den NATO-Partnern hatte.
Personalprobleme und Finanzkrise
Die zweite Seite der Medaille ist jedoch die Schwierigkeit, geeignetes und qualifiziertes Personal zu bekommen. In der litauischen Armee braucht es etwa drei Monate, um die Dinge zu lernen, die man können muss. Bei der Luftwaffe verhält es sich etwa genauso, nur nicht in Monaten, sondern in Jahren. Es werden Piloten gebraucht, ebenso Lotsen, die schnell denken und auch unter Druck schnell handeln können. So beginnt die Rekrutierung bisweilen schon in den Abschlussklassen der Schulen.
Die Finanzkrise in 2008 tat der Luftwaffe ebenfalls nicht gut. Offiziere gingen lieber in die Privatwirtschaft, weil die Löhne dort höher waren. „Mittelfristig interessieren wir uns für die Anschaffung von europäischen Hubschraubern. Das Problem ist, dass wir derzeit noch keine Möglichkeit haben, diese neuen Hubschrauber am Boden auch zu warten. Wenigstens ab Ende 2018 erwarten wir, dass wir grundsätzlich ein Luftfahrzeug auf einer 24-Stunden Basis werden betreiben können“, sagt Pļaviņš.
Eine weitere Erkenntnis: „Wir haben keinen einzigen zivilen Rettungshubschrauber in Litauen und deshalb ist das auch ein Teil unserer Aufgabe, sagt Pļaviņš. „Die Zahl dieser Einsätze kommt aktuell auf etwa zwei bis drei im Monat und betrifft nahezu ausschließlich den Küstenbereich. Wir müssen oft kranke oder verwundete Segler retten. Im Sommer sind es überwiegend vermisste Schwimmer oder Surfer. Kite-Surfer sind im Sommer unsere häufigste Kundschaft. Die gehen mit ihren Geräten viel zu weit raus und gehen viel zu große Risiken ein. Sie denken, dass sie tapfer sind, und denken oft gar nicht an die Gefahren.“
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 3/2017 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
http://www.rotorblatt.de