(Dieser Text ist aus August 2017)
Dass ein Rettungshubschrauber heute zu medizinischen Notfällen gerufen wird, ist eine Selbstverständlichkeit. Spulen wir doch mal die Zeit zurück – als ein Arzt auf die Idee kam, das erste Mal einen Helikopter für Notfälle einzusetzen.
Das deutsche Luftrettungswesen ist mit rund 80 öffentlich-rechtlichen Stationen (Stand: August 2017) nahezu flächendeckend und gilt weltweit als vorbildlich. Ergänzt wird das System der primären und sekundären Luftrettung durch fünf SAR-Kommandos der Bundeswehr (zwei der Deutschen Marine und drei des Heeres), einige wenige Sekundär-Intensivtransporthubschrauber- und Ambulanzhubschrauber (AHS)-Standorte und einen Notarzteinsatzhubschrauber (NEH)-Standort. Zudem gibt es spezielle Hubschrauber des Offshore- Werkrettungsdienstes.
Hubschrauber nicht zu empfehlen
Mit dem Aufbau der Bundeswehr 1956 wurde zwar bereits 1958 eine erste Luftrettungs- und Verbindungsstaffel der Luftwaffe eingerichtet. Allerdings begann man erst Mitte der 1960er Jahre mit ernsthaften Überlegungen, Hubschrauber auch im zivilen Rettungsdienst einzusetzen. „Die Bereitstellung von Hubschraubern speziell für den Unfallrettungsdienst kann zur Zeit nicht empfohlen werden!“ So lautete am 24. Juni 1965 das abschließende Urteil von Experten der 8. gemeinsamen Verkehrssicherheitskonferenz von Bund und Ländern. Dennoch startete im Oktober 1967 in Mittelhessen ein erster, dreiwöchiger Versuch. Der niedergelassene Arzt Hans-Werner Feder aus dem beschaulichen Ober-Mörlen wollte wissen, ob angesichts von rund 20.000 Verkehrstoten pro Jahr und Hunderttausenden von schwer und Schwerstverletzten auf den deutschen Straßen der Mitflug eines Arztes in einem Hubschrauber das therapiefreie Intervall erheblich verkürzen und somit die Überlebenschancen eines Patienten deutlich verbessern könne. Der erste Versuch mit Hilfe der hessischen Polizeihubschrauber schlug fehl. Polizeitaktische und notfallmedizinische Erwägungen waren nicht unter einen Hut zu bringen. So organisierte der damals 32-jährige Landarzt einen weiteren Versuch am Flugplatz Anspach (Kreis Usingen, heute Hochtaunuskreis) mit Hilfe eines eigens gecharterten Hubschraubers vom Typ Brantly B2B und samt Piloten. Vom DRK Hessen mit einem Funkgerät ausgestattet, konnte Feder den Polizeifunk mithören. Als Unterkunft für Arzt und Piloten diente ein Wohnwagen. Am Ende des dreiwöchigen Feldversuchs standen 52 Einsätze zu Buche, von denen schätzungsweise 28 den Einsatz eines Notarztes unbedingt erforderlich machten. Trotz der Höchstgeschwindigkeit von nur 160 km/h erreichten Feder und sein Pilot in durchschnittlich elf Minuten die Einsatzstelle, die durchschnittliche Entfernung zwischen Flugplatz und Einsatzort lag bei 22,2 Kilometern.
Die Luftrettung heute
Die meisten Rettungshubschrauber fliegen noch heute von 7 Uhr morgens bis zum Sonnenuntergang, so wie Feder damals auch. Modernste Avionik, Nachtsichtbrillen, Suchscheinwerfer und befeuerte Landeplätze an Kliniken lassen aber einen Luftrettungsbetrieb rund um die Uhr schon heute zu und er wird bereits heute an einigen Standorten in Deutschland praktiziert – und dies nicht nur in der Sekundärluftrettung. Die Stationierung eines Luftrettungsmittels an Verkehrslandeplätzen bzw. eigenen Luftrettungsstationen ohne Anbindung an ein Krankenhaus war jahrelang verpönt (der ADAC e. V. in München postulierte 1968/1969 sinngemäß: „Der Hubschrauber muss an einem Krankenhaus stationiert sein!“), wird in letzter Zeit aber wieder praktiziert. Der Radius von 50 Kilometern und die Eintreffzeit von zehn bis 15 Minuten am Notfallort gehen ebenfalls auf Feders Überlegungen zurück.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 4/2017 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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