Die erste alpine Luftrettungsmission in Österreich gab es vor 60 Jahren. Ein deutscher Skiläufer sollte im Tiroler „Kühtai“-Tal gerettet werden, doch wegen der verschneiten Passstraßen musste die Polizei kurzerhand ein Kleinflugzeug für die Rettung einsetzen.
Inzwischen hat das Rettungswesen in den Bergen eine Komplexität
erreicht, die ohne Hubschrauber undenkbar wäre.
Österreich hatte bis vor wenigen Jahren schon 27 Luftrettungsstationen, verteilt in den neun Bundesländern Burgenland, Kärnten, Nieder- und Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Wien. Ähnlich wie in Deutschland, schreiben die Verträge vor, wie der Hubschrauber für Luftrettungseinsätze konfiguriert und mit welchem medizinischem Equipment er ausgestattet sein muss. Zudem ergeben sich weitere Vorgaben und Bedingungen für die Lage und Ausstattung der Basen aufgrund der Geografie und Topographie im jeweiligen Einsatzgebiet. Einer der ambitionierten Luftrettungsbetreiber in Österreich ist Heli Austria, ein Unternehmen mit seinen Wurzeln in St. Johann/Pongau und einer langen Tradition in der Drehflügelluftfahrt.
Ein Privatunternehmen in der Luftrettung
Die Anfänge von Heli Austria reichen zurück in das Jahr 1982, als der Vater des heutigen Besitzers Roy Knaus bereits Transport- und Taxiflüge mit Hubschraubern anbot. Heute fliegt Heli Austria alle Missionen, die man mit einem Hubschrauber in VMC nur durchführen kann. Deshalb haben auch alle Piloten Erfahrungen sowohl im Transport von Passagieren als auch Material, dazu Logging- und Löschflüge, alpine Luftrettung und vielem mehr. Inhaber Roy Knaus beschreibt es so: „Wir versuchen alles, um unsere Kunden zufrieden zu stellen, und das mit den höchsten Ansprüchen an die Flugsicherheit.“
Egal ob Wartung, Pilotenausbildung oder Training – alles ist Teil eines autonomen Systems innerhalb der Firma und erlaubt höchste Flexibiltät und vor allem Profitabilität. Entsprechende Synergien in den Sommer- und Wintermonaten werden genutzt. So liegt der Betriebsschwerpunkt von Heli Austria im Winter in der Luftrettung, während dieselben Piloten im Sommer überwiegend Arbeitsflüge durchführen. Die umfangreiche Hubschrauberflotte erlaubt es Heli Austria zudem, für jede Anforderung die passende Maschine bereitzustellen. Der EMS-Hubschrauber der ersten Stunde war eine BK117, stationiert an der heutigen Zentrale in der Nähe von Salzburg. Kurz darauf wurde eine zweite Luftrettungsstation in Karres, Tirol, eröffnet. Allerdings war der Beginn der „Martin Flugrettung“ (im Namen der Heli Austria) kein leichter und wurde vor allem politisch erschwert. Trotzdem gelang es der Firma, in das HEMS Geschäft zurückzukehren und betreibt heute inzwischen sieben Rettungshubschrauberzentren.
Alpine Höhenluftrettung
Als einziger Betreiber in Österreich operiert Heli Tirol, eine Tochter der Heli Austria, einen MD902 Explorer für ihre Rettungseinsätze, während andere Betreiber mit einer EC135 bzw. H135 oder BK117 fliegen. Der größte Vorteil liegt in dem NOTAR-System, der das Risiko eines Rotor-Strikes vor allem im bergigen Gelände mit oftmals kleinen Landezonen zwischen Geröll und Schneebrocken ausschließt. Die alpine Luftrettung ist vor allem von unterschiedlichsten Einsatzprofilen bei gleichzeitig hohen Risikofaktoren geprägt. Teilweise extreme Flughöhe, dünne Luft, Kälte und dabei eingeschränkte medizinische Möglichkeiten sind die Rahmenbedingungen.

Nur etwa jeder hundertste Rettungsauftrag bringt die Crew auf die Gipfel, wo Skiläufer abseits aller Loipen von tonnenschwerem Schnee bedroht werden.
Nicht lange her, da wurde „Martin 1“ zu so einem Einsatz gerufen. Es war kurz vor Mittag, als die örtliche Einsatzzentrale den Hubschrauber „Martin 1“ alarmierte. Zwei Touren-Skiläufer hatten in 7.300 Fuß Höhe nahe dem Gipfel eines Berges eine Lawine ausgelöst, einer von ihnen metertief unter dem Schnee begraben. ür den Piloten Martin Amrain war die Landung alles andere als einfach. Zum einen ist die Landung auf Lawinenschnee nicht ohne Risiko, denn dieser war bis vor kurzem noch in Bewegung und könnte auf der darunterliegenden Schneeschicht noch nicht ganz zur Ruhe gekommen sein. Der Hubschrauber könnte also mit seinem Gewicht die Schneemassen ein weiteres Mal in Bewegung setzen, in der Folge mit wegrutschen und dabei ernsthaft beschädigt werden. Zum anderen trägt eine Lawine immer auch Geröll mit sich. Spitze Steine und Felsen unter der Schneeoberfläche könnten sich bei der Landung von unten in den Helikopter bohren.
Doch noch vor der Landung hat die Patientenrettung Vorrang. Aus diesem Grund brachte der Pilot die Maschine zunächst in die Nähe der verunglückten Skifahrer und ließ die medizinische Crew bereits aussteigen. Notarzt Dr. Werner Landmann brauchte nur 10 Sekunden, um den Zustand des Patienten einzuschätzen. Er folgte dabei dem bekannten A, B, C, D, E-Raster, welches für Airways, Breath, Circulation, Disability und E für Environment steht, also die Gesamtbedingungen, unter denen der Unfall passiert ist. Obwohl der Verschüttete einen Lawinenairbag trug und dieser auch auslöste, war der 51jährige unter 45 Zentimenter Schnee begraben. Seine Körpertemperatur betrug inzwischen nur noch 32 Grad Celsius, weshalb er mit einer Spezialfolie aufgewärmt werden musste, die sich beim Kontakt mit der Luft von selbst auf bis zu 60 Grad erwärmt.
„Die Luftrettung ist schneller geworden in den letzten Jahrzehnten“, erzählte Notarzt Dr. Werner Landmann nach dem Einsatz. „Es geht nur noch darum, dem Patienten das Überleben zu sichern und schnell in das nächste Krankenhaus für die eigentliche Behandlung zu fliegen.“
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 1/2017 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
http://www.rotorblatt.de