Der Plan war ehrgeizig, und nun ist er zertifiziert: Der neue H145-Fullflight-Simulator der ADAC HEMS Academy in Bonn-Hangelar. Das Besondere daran: Die Sim-Daten stammen von einer echten H145-Luftrettungsmaschine und es werden Trainings auf höchstem taktischen Niveau angeboten.
Zertifizierte Level-D Simulatoren für den Hubschrauber H145 gibt es mehrere. Angeboten werden jeweils die reinen Flugstunden, bei denen die H145 in einer Standardkonfiguration simuliert wird. Die Daten dafür stammten in der Vergangenheit in der Regel vom OEM, der diese aus Berechnungen am Computer und von den Testflügen mit den Prototypen ermittelt hat. Für reine Flugtrainings zum Lizenzerhalt oder Type Rating reicht das. Doch der ADAC und die Firma Reiser Simulation and Training aus Bayern wollten mehr.
Es ist nicht nur die Tatsache, dass sich eine HEMS-konfigurierte H145 in der Luft etwas anders verhält als der Standardtyp mit zwei Sitzbänken in der hinteren Kabine. Es ist auch der Simulator selbst: Hydraulik ist schwerfällig und ein Standardsichtsystem mag sicher ausreichen, doch beim Betrieb eines Hubschraubers dieser Größe in unvorbereiteten Landezonen muss ein Pilot mehr sehen können, als das sonst nötig ist. Das Projekt von ADAC Luftrettung und Reiser Simulation & Training war ehrgeizig: ohne den Zugriff auf lizensierte Flugdaten des Hubschrauberherstellers und die originalen Bauteile im Cockpit, geschweige denn die Avioniksoftware, sollte eine ganz neue Art von Simulator erschaffen werden. Wie war das möglich?
Vor knapp 2 Jahren begannen die Vorbereitungen einer beispiellosen Messkampagne. Eine ADAC-H145 wurde mit 20 Sensoren ausgestattet und leistete während eines Sommers 63 Testflüge, bei denen das echte Flugverhalten dieses Hubschraubertyps in HEMS-Konfiguration exakt ermittelt wurde. Weiterhin wurde das Cockpit mit einem stereoskopischen Scanner abgetastet und jeder einzelne Knopf mit exakter Größe, Druckpunkten und der Haptik registriert.
So fliegt sich die digitale H145
Der Simulator-Dom ist deutlich größer als die anderen Simulatoren in der Halle der Akademie. Kein Wunder: die riesige Leinwand beansprucht ihren Platz, aber auch die große Instructor-Station und zwei Besuchersitze verlangen nach Raum. Das Cockpit ist eine exakte Abbildung des Originals. Knöpfe, Displaygrößen und sogar die Farbwerte der einzelnen Darstellungen auf dem PFD und MFD stimmen. Auch die Oberflächen der Touch-Bildschirme auf den beiden Garmins GTN 750 fühlen sich originalgetreu an.
Ich fliege einen kleinen Go-Around von der Schwelle der 14R am Flughafen Köln-Bonn, folge der Bahn und kurve hinter dem Tower über die 32R zurück, um anschließend wieder auf der 14R zu landen. In einem Simulator geht das problemlos. Beachtlich ist, dass diese riesige Rundleinwand überhaupt keine Bildüberlappungen der von den vielen Projektoren erzeugten Einzelbilder erkennen lässt.
Jede kleine Berührung am Stick bewirkt umgehend eine Reaktion. Vier Tonnen Hubschrauber am Vierblatt-Rotor und die leistungsstarken Triebwerke werden punktgenau simuliert. Mein Instruktor Sven Mainz hat für den Flug einen diesigen Sommermorgen eingstellt. Die Sonne kommt vage durch einen dünnen Wolkenlayer, die Asphaltbahn ist feuchtwarm. Kleine Verdunstungsfahnen sind zu sehen, die durch meinen Downwash sogar verwirbelt werden und Taxiway-Lampen spiegeln sich in der Entfernung auf dem feuchten Apron. Noch wird in dem Simulator die Avioniksoftware Helionix-Version Step1 dargestellt. Airbus Helicopters liefert die H145 inzwischen mit der Version Step2 aus – der Versand der nächsten Aktenordner an das LBA in Braunschweig ist damit wohl sicher.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 2/2018 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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