Es ist das erste Mal seit Bestehen der Regierungshubschrauberstaffel,
dass ein Fachmagazin einen so detaillierten und direkten Einblick in
die Abläufe der Luftfahrt für die Regierung erhält. Höchste Präzision
und absolute Diskretion haben oberste Priorität, wenn es darum geht,
Politiker zu wichtigen Terminen zu fliegen oder von dort abzuholen.
Die Heimat der dritten Lufttransportstaffel der Flugbereitschaft des Bundesministeriums für Verteidigung ist der Nordteil des Flughafens Berlin-Tegel. Es ist jener Bereich auf dem Gelände des letzten verbliebenen Innenstadt-Airports der Hauptstadt, der sich allein um die Abwicklung der Regierungsluftfahrt kümmert. Wenn der amerikanische US-Präsident zu Besuch nach Berlin kommt, rollt dort die Airforce One bis vor den roten Teppich. Wenn die britische Königin die Bundeskanzlerin besucht, wird sie mit einer Eurofighter-Eskorte bis nach Tegel begleitet und im Nordteil mit den obligatorischen Salutschüssen begrüßt. Alle diese protokollarischen Abläufe gehören mit zu den Aufgaben der rund 180 Soldaten, die als Angehörige der Bundeswehr am Regierungsflughafen ihren Dienst tun.
Deshalb ist es auch verständlich, dass das Tagesgeschäft an dem Regierungsflughafen einer hohen Verschwiegenheit unterworfen ist. Hohe Zäune und diverse Kontrollstellen sprechen eine eindeutige Sprache.
Die Verwandlung in eine Regierungs-VIP-Maschine
1997 wurden dann die drei heute noch im Dienst befindlichen AS532 U2 Cougar angeschafft. Die Herausforderung damals: einen militärischen Mehrzweckhubschrauber in ein repräsentables Regierungsluftfahrzeug zu verwandeln. Es galt, aus „schlicht und robust“ für den militärischen Alltag, ein an die besonderen Anforderungen des VIP-Transports angepasstes Interieur zu gestalten. Mehrere Monate hat allein die Konzeptionierung der Inneneinrichtung gedauert, bis am Ende Airbus Helicopters mit dem Umbau beginnen konnte. Da es ein VIP-Kabinenkonzept für die AS532 nicht gab, war es besonders aufwändig, trotz Verwendung von edlem Holz und bequemen Sitzen sowie einer Bordtoilette die Flugfähigkeit des Hubschraubers weiterhin aufrecht zu erhalten. Doch es ist gelungen und die Kabine der Cougar teilt sich in zwei Zonen mit edel-blauem, aber feuerfestem Florteppich: vorne direkt hinter dem Cockpit befinden sich vier große Sitze mit zwei ausklappbaren Tischen in einer Konferenzanordnung. Im hinteren Teil mit engerer Ordnung und zweckmäßigerer Ausstattung finden sich die Sitze für das Kabinen- sowie weiteres Begleitpersonal. Sogar eine kleine Miniküche ist hier zu finden, bevor es am rückwärtigen Ende der Kabine zur Toilette geht, die übrigens eine Spezialanfertigung ist.

Doch dieser Komfort, der einem zuerst ins Auge fällt, wenn man in diesem Hubschrauber als Passagier Platz nimmt, täuscht schnell über das hinweg, was im Hintergrund alles geschehen muss, damit auch wirklich ein politischer VIP mit diesem außergewöhnlichen Hubschrauber geflogen werden kann. Da ist zunächst einmal festzuhalten, dass es in der Regierungsluftfahrt so gut wie keine Planmöglichkeiten gibt. Die Anforderung des Hubschraubers kommt ohne Vorwarnung – in der Regel für Flüge bis zu 200 Kilometer rund um die Hauptstadt. Oder aber auch als Anschlusstransportmittel, um eine Distanz vom Zielflughafen einer Regierungsreise bis zum tatsächlichen Zielort zu überbrücken. Und zwar nicht nur in Europa, sondern weltweit.
Nicht zu wissen, wann geflogen wird und wohin, hebt natürlich die Standards der Abläufe und Flugsicherheit auf ein ganz hohes Niveau. Und es ist vor allem nicht der Flug allein, sondern der Zielort: Absperrmaßnahmen, Mindestabstände zu Hindernissen, Personenschutz, etc. sind die wichtigen Fragen, die alle bereits geklärt sein müssen, bevor die Cougar mit der Bundeskanzlerin überhaupt abfliegt. „Wir sind permanent getrieben von der Terminlage des parlamentarischen Bedarfsträgers“, erklärt Staffelkapitän Major Bleibohm und bringt damit auf den Punkt, was es heißt, im Regierungsflugbetrieb immer einen Hubschrauber sofort einsatzbereit zu halten und eine zweite Maschine als Backup vorzuhalten. Inklusive den notwendigen Crews, aber auch der Maintenance.
Der letzte Eindruck bleibt
Den Piloten steht bei der Flugvorbereitung ein selbst entwickeltes Programm zur Verfügung. Nach Eingabe von Start- und Zielort sowie der Anzahl der Passagiere und Angabe der Ausstattung der Maschine (beispielsweise der Rüstversion mit einer 12er Bestuhlung) errechnet das Programm die maximale Tankfüllmenge und die erlaubten Leistungsgrenzen für die Maschine auf diesem Flug. Und wegen der schweren VIP-Ausstattung muss diese Cougar auch anders geflogen werden als das rein militärische oder gar zivile Pendant (AS 332 L2). Und erst recht kommt es auf sicheres Fliegen an, wenn der Hubschrauber mit einem Repräsentanten des Staates oder Gästen an Bord unterwegs ist. Major Bleibohm erklärt: „Wir tragen dazu bei, das Bild der Bundesrepublik Deutschland bei unserer Ankunft am Zielort zu prägen. Bei uns gibt es das Sprichwort: Der erste Eindruck prägt, der letzte Eindruck bleibt“. Und diesem Motto ordnet sich alles unter. Insbesondere auch die Art und Weise, wie geflogen wird. Abrupte Manöver und Steuereingaben sind tabu. Zum einen, weil es für die Passagiere in der Kabine unbehaglich ist und unweigerlich zu Beschwerden führen würde, und zum anderen, weil man davon ausgehen muss, dass ein Flug dieses Regierungshubschraubers auch eine mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht.

Bleibohm ist davon überzeugt, dass sich die militärische Luftfahrt mittelfristig noch das eine oder andere von der kommerziellen Luftfahrt abschaut. So findet sich beispielsweise erst seit kurzem das Stichwort „Crew Resource Management“ (CRM) im Flugbetriebshandbuch – ein Ausdruck, den die militärische Luftfahrt mit ihren klaren und strikten Hierarchien so gar nicht kannte. Und auch neues Wissen von außen ist inzwischen willkommen. Einer der Piloten hat beispielsweise an einer zivilen Luftfahrtuniversität für seinen Abschluss den Ansatz zur Qualitätsmessung von CRM entwickelt. „Das fand ich hochspannend und es ist vor allem so viel mehr als nur die Arbeit nach der zentralen Dienstvorschrift“, sagt Bleibohm. Doch so ganz bleiben die militärischen Wege nicht erspart. Auch neue Ideen müssen der Abteilung „Standardisierung“ beim Truppenkommando vorgelegt werden und die entscheidet als letzte Instanz darüber, ob ein solches Verfahren als weiteres Kapitel der Bibel hinzugefügt wird oder nicht.
Von diesen Abläufen hinter den Kulissen bleibt der Fluggast glücklicherweise verschont. Er kann die Tür zum Cockpit einfach schließen und sich auf den nächsten Termin vorbereiten.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 4/2017 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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