(Autor: Joao Paulo Moralez)
Die Geschichte und die routinierten Abläufe des „São Paulo State Civil Police Helicopter Air Service“ bewegen sich zwischen permanentem Training und oftmals erbittertem Kampf gegen die organisierte Kriminalität.
Von oben aus der Luft betrachtet war das Szenario klar und deutlich: Ein blauer Fracht-LKW versuchte unter allen Umständen die Stadt São Paulo zu verlassen. In der Fahrerkabine wurde der Fahrer von zwei Kriminellen als Geisel gehalten. Der Plan: mit dem LKW sollte gestohlenes Diebesgut transportiert und der Fahrer erst nach Abschluss dieses Vorhabens freigelassen werden. Zunächst schien alles nach Plan zu verlaufen, als plötzlich vier Fahrzeuge der Spezialkräfte der Polizei den LKW umstellten. Einer der Täter starb bei dem Schusswechsel, der andere überlebte und Fahrer und LKW konnten befreit werden.
Dass der Zugriff so präzise ausgeführt werden konnte, war nicht zuletzt einer AS350B2 zu verdanken, die den LKW die ganze Zeit aus der Luft verfolgte und den Polizeikräften am Boden den jeweiligen Aufenthaltsort des Fahrzeuges per Funk übermittelte. An Bord des Hubschraubers: zwei Piloten und zwei Spezialisten der Polizei für die Aufklärung aus der Luft. Diese „Luftunterstützung“ ist inzwischen ein fester Bestandteil der Polizei und wird wegen ihrer besonderen und erfolgreichen Fähigkeiten auch Servico Aerotatico (SAT), also „taktische Luftunterstützung“genannt.
Die Ursprünge des SAT
Dieser Service wurde in einer Zeit gegründet, als São Paulo die größte Zunahme von Gewalt erlebte: Plünderungen und Banküberfälle waren an der Tagesordnung. Die Polizei war ohne eine Plattform in der Luft so gut wie machtlos. Was fehlte, war eine Unterstützung von oben, die aufklärt, Einsätze überwacht und auch schnelle Transportdienste für Polizeipersonal bei besonderen Einsätzen übernehmen konnte. Eine weitere Verwendung sollte dieses Einsatzmittel bei Personensuchen, medizinischen Notfällen, aber auch beim Organtransport finden. Am 15. August 1984 wurde die SAT im Herzen von São Paulo gegründet und mit ihr wurde auch erstmals eine AS350B in Dienst gestellt. Der Hubschrauber in schönem Brilliantschwarz erhielt den Namen SAT-1, wird im Funk jedoch bis heute „Pelikan“ genannt. Die Maschine ist inzwischen zu einem festen Sinnbild polizeitaktischer Arbeit am Himmel über der Millionenmetropole Brasiliens geworden.
Von Sonnenaufgang bis -untergang, sieben Tage in der Woche, ist immer ein Team aus zwei Piloten und zwei Ermittlern einsatzbereit. Über Funk verfolgt ein Beamter in der Basis permanent die Einsätze in der Stadt und kann bei einer Anforderung des Hubschraubers der Crew den aktuellen Stand des Einsatzgeschehens vor Ort in einem Briefing übergeben. Ob der Helikopter jedoch tatsächlich in den Einsatz geht, entscheidet zuletzt immer der Kommandeur der Einsatzbasis. Die meisten Anforderungen für „Pelikan“ kommen von den bodengebundenen Teams der Polizei an den jeweiligen Einsatzstellen oder auch der Einsatzleitstelle von São Paulo. Es gibt auch Einsätze, die vorgeplant sind, also nicht aus einer Ad-Hoc Lage heraus entstehen.
Die SAT übernimmt das Training ihrer Piloten übrigens selbst, um sie auf die täglichen Herausforderungen im Alltag optimal vorzubereiten.
Um überhaupt als Pilot in die engere Auswahl für die SAT zu kommen, muss der Bewerber bereits eine private Luftfahrzeugführerlizenz für Hubschrauber vorweisen können. Die Ausbildung in der Luftfahrerschule der SAT ist übrigens mit der brasilianischen Luftfahrtbehörde abgestimmt, sodass der Bewerber am Ende eine vollwertige kommerzielle Hubschrauberlizenz in seinen Händen hält. Bis dahin hat der Flugschüler viele auf den späteren Flugdienst bei der Polizei vorbereitende Ausbildungseinheiten hinter sich gebracht, die ihn und den Hubschrauber oftmals an die jeweiligen Grenzen führten – gerade auch bei Landungen in engen und unvorbereiteten Geländen oder auch langes Hovern in taktischen Übungsszenarien.
In nunmehr über 35 Jahren ihrer Geschichte flogen die Crews der SAT in São Paulo mehr als 11.000 Einsatzstunden und übernahmen mehr als 11.500 Einsätze – sei es zur Abwehr von Gefahren für Leib und Leben, die Durchsetzung von Recht und Ordnung oder eben auch den Transport menschlicher Organe.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 1/2019 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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