Was tun, wenn man über zwei Jahrzehnte als Polizeipilot in der Luft war und nun vor der Pensionierung steht? Auf keinen Fall auf dem Boden bleiben!
Hier erzählt Wolfgang Friedt, was er im Cockpit einer EC145 in Mosambik erlebt hat – fast 12.000 Kilometer von Deutschland entfernt, an der Ostküste Afrikas.
Nach 42 Jahren im Polizeidienst und 23 Jahren im aktiven Flugdienst bei der Polizeihubschrauberstaffel Thüringen wollte ich mich nach der anstehenden Pensionierung noch nicht zur „Ruhe“ setzen und war gespannt auf den „Un“-ruhestand. Ein bisschen vorbereitet hatte ich mich schon, eine Robinson 44 gekauft, eine Flugschule und ein Luftfahrtunternehmen für Rundflüge gegründet.
Aber da in der Hubschrauberwelt ja alles von einem Type-Rating abhängt, musste ich mit meinen Ratings für EC 145, BO 105 und R 44 nach Beschäftigung schauen, denn ich hatte schon den Wunsch, diese Ratings aufrechtzuerhalten. Für die R 44 hatte ich ausreichend Beschäftigung als Fluglehrer und -prüfer in meinem eigenen Unternehmen. Auch auf der BO 105 gab es Einsatzmöglichkeiten als Fluglehrer und -prüfer sowie Werkstattpilot. Es gibt doch noch einige ehemalige Bundesgrenzschutz- oder Polizeimaschinen, die nun in privater Hand europaweit weiter geflogen werden. Für die EC 145 sah es jedoch nicht wirklich gut für mich aus. Im Internet stieß ich auf die Hubschrauberfirma „Everett Aviation“ aus Kenya, die allerdings für Mosambik für ein gerade beginnendes LNG-Projekt in der Nordprovinz Cabo Delgado EC 145 Piloten für Medevac–Flüge suchte. Ausgerechnet für diese Nordprovinz Cabo Delgado sprach das Auswärtige Amt eine Reisewarnung aus, von “nicht erforderlichen Reisen dorthin wird abgeraten“. Doch persönliche Rücksprachen mit dem örtlichen Country Manager von Everett Aviation ergaben Gottseidank ein etwas anderes Bild.

Leichenüberführung als Line-Check
Nach einer Anreise mit mehreren Flug-Etappen von Frankfurt und über Johannesburg ging es zum Schluss auf 90 Kilometern Straße bis ans Ziel. Nach Ankunft in der Amarula Lodge sickerte es so langsam durch, dass auf den uns nachfolgenden Konvoi mit weiteren Piloten ein bewaffneter Angriff auf der Straße stattgefunden hat. Das war natürlich nicht der gewünschte Empfang und führte schon zu der Überlegung, ob die Entscheidung herzukommen, richtig war. Leider war bei dem Angriff auch ein Fahrer ums Leben gekommen, dessen Leichnam ich dann in einem Leichensack am nächsten Morgen mit einem französischen Kollegen nach Pemba geflogen habe. Das war dann mein Line-Check! Nach dem Überfall wurden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, alle Personentransporte wurden nur noch über den Luftweg durchgeführt, was insbesondere bei den AW 139-Crews zu erhöhten Flugstunden führte. Wenn es eng wurde, kamen wir mit der EC 145 auch für den Personentransport zum Einsatz.
Notwendige Materialtransporte wurden ab da auch nur noch mit militärischem Geleitschutz im Konvoi gefahren und anfangs wurde auch die geplante Strecke zeitnah luftseitig mit der EC 145 von uns aufgeklärt. Geflogen wurde generell mit einer Höhe von mindestens 1500 ft GND, meist höher. Um es vorwegzunehmen: Es kam in den letzten 12 Monaten zu keinen weiteren direkten Sicherheitsproblemen oder Angriffen im nahen Umfeld von meinem Einsatzort. Auch wohl deshalb, weil die örtlichen Sicherheitskräfte erkennbar verstärkt wurden. Vereinzelt mussten wir auch Verletzte mit Schusswunden nach Pemba transportieren, die Hintergründe waren nicht immer klar erkennbar.

Schlange im Hubschrauber?
So sollten wir einmal am Nachmittag fünf urige Südafrikaner mitnehmen und nach ca. 45 Flugminuten „in the middle of Nowhere“ tippte mir einer der Gruppe auf die Schulter und ich verstand „Snake in the cabin“. Ich blickte nach hinten und sah alle fünf mit angehobenen Beinen auf ihren Sitzen und nach unten schauend. In dem Moment dachte ich „Ach Du Scheiße“ und hoffte auf ein Kleintier. Aber auch kleine Schlangen können giftig sein! Mein PF (Pilot flying) Johann, hatte jetzt auch mitbekommen, dass etwas nicht stimmte, weil wir mit den Passagieren keine Intercom-Verbindung hatten. Ich sagte ihm was los sei und dass wir am besten sofort landen. Aber wo mitten im Busch? Vor uns tauchte dann ein größerer Fluss mit einer Sandbank am Ufer auf, wo Johann dann auch direkt landete. Er blieb mit laufenden Engines in der Maschine und wir anderen suchten jeden Winkel ab. Gefunden haben wir nichts. Langsam versank der Hubschrauber aber mit dem hinteren Kufenteil im weichen Sand, also beeilten wir uns und hoben ohne Probleme wieder ab und flogen weiter zu unserem ursprünglichen Zielort Camp Afungi. Auf dem ca. 20 minütigen Flug hatten alle den Blick meist nach unten auf dem Boden, aber Flug und Landung verliefen ohne Probleme. Da wir eh tanken mussten, wurde das Triebwerk abgestellt und nach dem Aussteigen nochmals intensiv die Kabine untersucht. Keine Festellungen! Einer der Mitflieger hatte zwischenzeitlich „gegoogelt“ und zeigte uns ein Foto von einem „Centiped“, einem Hundertfüßer, der zwar unangenehm beißen konnte, aber nicht lebensgefährlich ist. So etwas könnte es auch gewesen sein, meinte er.
Zwei Flugtage später, wir stellten gerade nach der Abschlusslandung die Triebwerke ab, kamen plötzlich aus der ca. 7 cm großen Belüftungsdüse der Klimaanlage im Cockpit auf der Pilotenseite lange braune Fühler heraus. Da tauchte unser blinder Passagier also doch noch auf, verschwand jedoch sofort wieder im Inneren der Belüftung. Wir sprühten dann erstmal Insektenspray in die Düse. Für die nächsten Flüge nahm ich dann eine lange Greifschere und Insektenspray mit, aber unser Mitflieger ist nicht mehr aufgetaucht.

Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 2/2020 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
http://www.rotorblatt.de