Montag, September 29, 2025
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StartEuropaDie interdisziplinäre Crew an Bord eines Rettungshubschraubers

Die interdisziplinäre Crew an Bord eines Rettungshubschraubers

(Autor: Jens Rosenow)

Als es das deutsche Fachmagazin ROTORBLATT in den 90er Jahren erstmals am Kiosk zu kaufen gab, befand sich die Luftrettung in Deutschland kurz vor der nächsten Entwicklungsstufe. Damals waren Rotorköpfe mit vier Blättern Standard (vor kurzem stellte Airbus Helicopters die H145 erstmals mit einem Fünfblatt-System vor), Rettungshubschrauber hatten Turbinen wie heute auch – allerdings waren die damaligen Versionen nicht so leistungsfähig, dass man von einer Class 1-Leistungsklasse hätte sprechen können.

Bis zu den 2000er Jahren gab es noch nichtmal ein elektronisches Navigationsgerät wie das HeliMap. Und trotzdem war eine zielgenaue Streckenführung möglich: in Berlin lag beispielsweise dafür im Cockpit von „Christoph 31“ ein Straßenatlas bereit, in dem der Rettungsassistent (HEMS-TC) die aufgerufene Adresse nachschlagen konnte. Bei Überlandflügen kam hin und wieder auch eine Koppelnavigation mittels VOR auf den bekannten ICAO-Luftfahrtkarten zum Einsatz – zu diesem Zweck hatte jeder Rettungsassistent damals auch mindestens die Ausbildung und Prüfung für das Beschränkte Flugfunkzeugnis in deutscher Sprache (BZF II) durchlaufen.

So ging Luftrettung früher, mit der BK117-C2 als Vorgängerin der H145. (Foto: ADAC Luftrettung)

Flugtraining im Realhubschrauber

Das regelmäßige Training war in den 90er Jahren bereits ein Thema, beschränkte sich jedoch zunächst auf die Piloten selbst. Dafür wurde im Realhubschrauber trainiert, denn zertifizierte Fullflight-Simulatoren für Hubschrauber gab es nicht. Für Triebwerksausfälle wurde eines der beiden Triebwerke auf „Idle“ gestellt – ganz abschalten durfte man natürlich nicht. Die Piloten waren gezwungen, das verbleibende Triebwerk „etwas“ höher zu ziehen, aber nicht über die 91% hinaus, um keinen realen Triebwerksschaden zu verursachen – obwohl bei der BK117 sogar ein kurzzeitigs Überdrehen bis 140% zulässig war. Als Ergebnis dieser Übungen haben viele Piloten diese „simulierte“ Leistungsgrenze auch in echten Lagen automatisch eingehalten, wodurch sich die eine oder andere Notsituation noch weiter verschärfte. Der Ausfall des Heckrotors konnte mit dem Realhubschrauber naturgemäß gar nicht trainiert werden.

Interdisziplinäre Crews

In den 1990er Jahren war der Rettungsassistent an Bord das einzige Verbindungsglied zwischen Luftfahrt (vorne im Cockpit) und der Notfallmedizin (hinten in der Kabine). Flugtrainings und medizinische Fortbildungen waren deshalb auch separierte Welten. In der heutigen Zeit, in der ein gutes Crew-Management an Bord eines Rettungshubschraubers die Effizienz im Einsatz massiv steigern kann, muss es ein viel breiteres und interdisziplinäres Verständnis geben. Ein Notarzt muss bei einer Außenlandung ebenso nach Hindernissen Ausschau halten und flugsicherheitsrelevante Ereignisse erkennen wie auch der Pilot in der Lage sein muss, ein EKG von einem Perfusor unterscheiden und bei einer Infusion unterstützen zu können.

Um diese Effizienz noch zu steigern, gibt es bereits Konzepte, bei denen Piloten und medizinische Crews gemeinsam trainieren. Während hinten in der Kabine eine Reanimation simuliert wird, fallen vorne im Cockpit wichtige Systeme aus und die Crew muss dann gemeinsam die bestmögliche Entscheidung für die eigene Sicherheit und vor allem für das Leben des Patienten treffen.

Bei näherer Betrachtung der NPA 2018/04 der EASA wird zudem deutlich, dass der HEMS-TC künftig offenbar noch viel intensiver mit der Luftfahrtmaterie des Hubschraubers in Kontakt kommen soll. In dem Vorschlag der Behörde ist sogar von einem FSTD-Training die Rede, das den Rettungsassistenten künftig fast auf den Level eines PPL(H) bringen würde.

Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 2/2019 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
http://www.rotorblatt.de

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