Vor wenigen Jahren wurde Mazedonien als 30. Mitglied der NATO begrüßt. Der nächste Schritt soll die Aufnahme in die Europäische Union sein – nach seiner Unabhängigkeit von Jugoslawien in 1991 hat das Land einen tiefgreifenden Entwicklungsprozess hinter sich. Zwischenzeitlich konnte die Hubschrauberstaffel der Polizei ihren 50. Geburtstag freiern.
Ähnlich des Beispiels Slowenien hat auch Mazedonien schon in den 1960er Jahren eine eigene Hubschrauberstaffel für seine Polizei gegründet. Während in Slowenien die Wahl auf die Bell 47 fiel, nutzte Mazedonien die zwei Jahre Verspätung, um sich 1969 die Erfahrungen der Slowenen mit der Bell anzuschauen. Aus diesen Erkenntnissen heraus entschied man sich dann für die Beschaffung einer Agusta Bell AB206A Jet Ranger III. Der Hubschrauber wurde damals direkt in Italien neu gekauft und schon mit der Auslieferung ein Jahr später begann direkt die Ausbildung der Piloten auf dem Muster für Beobachtungs- und Sicherungsflüge entlang der Landesgrenzen. Nach einem Flugunfall 1972 wurde der Hubschrauber durch die damals neuere B2-Variante ersetzt. Etwa fünf Jahre später kam ein weiterer Helikopter hinzu: eine AB212 sollte das Aufgabenspektrum für die Polizei erweitern und das Flugstundenpensum von der 206 etwas mindern.

Polizei fliegt auch Rettungsmissionen
Koce Dimeski, der die Hubschrauberstaffel innerhalb der Fliegergruppe leitet, sagt: Die Polizei von Nord-Mazedonien hat ein sehr breit gefächertes Aufgabenspektrum, wie die Drehflügel-Einheiten in anderen Ländern auch. Eines sticht nun aber immer mehr heraus und das ist der Einsatz im HEMS-Bereich. Wir haben keine privaten Unternehmen wie beispielsweise die ADAC Luftrettung in Deutschland, um denen die Aufträge für Patientenflüge oder medizinische Flugdienste zu übertragen. Wenn bei uns jemand vermisst oder verletzt ist, dann organisieren wir den entsprechenden Flug. Wir erreichen eine Reaktionszeit von normalerweise 20 bis 40 Minuten und unsere zentrale Lage hier in Idrizovo und Skopje erlaubt uns das Eintreffen mit dem Hubschrauber an jedem Punkt in Nord-Mazedonien in einer vernünftigen Zeitspanne.“
Dimeski ergänzt: „Unsere Einheit ist immer in Alarmbereitschaft, doch die Zahl der Einsätze und die Art der Missionen ist sehr saisonabhängig. Im Winter müssen wir sehr viele Snowboarder und Skiläufer vom Berg holen, die sich dort verletzt haben. Außerdem versorgen wir eingeschneite Dörfer aus der Luft mit Lebensmittel und Medikamenten. Im Sommer kommt es häufiger zu Einsätzen bei den Sportfliegern und Wanderern in den Bergen oder bei Leuten, die die falschen Pilze gegessen haben. Einen sehr großen Anteil an unseren Flugbewegungen hat die Grenzsicherung. Da die Grenzen unseres Landes überwiegend in den Bergen liegen, gibt es keine andere Möglichkeit, als mit dem Hubschrauber dort regelmäßig Patrouille zu fliegen.“
Modernisierung der Hubschrauberflotte
Die Polizei-Piloten werden gemäß EASA JAR-FCL II Richtlinien ausgebildet und trainiert, das Programm beinhaltet 150 Stunden Initialtraining auf dem Drehflügler und hierin sind wiederum zehn Nachtflugstunden enthalten. Innerhalb der letzten fünf Jahre haben zwölf Polizeipiloten die Ausbildung an der neuen Polizeifliegerschule am Standort der Petrovec Air Base absolviert. Dort gibt es nun moderne Simulatoren für die Mi-8/17/171 und die realen Flüge finden auf einem Bell 206B-3 statt.

Koce Dimeski meint: „Jetzt, um den letzten Bedarf noch zu erfüllen, müssen unsere Hubschrauber natürlich noch mit modernem Equipment ausgestattet werden. Für uns gehört ein Forward Looking Infrared dazu, und leider sind die meisten Hubschrauber auch nicht NVG-tauglich. Diese Ausrüstung wäre zusammen mit einem SX-16 Scheinwerfer tatsächlich die optimale Ausstattung. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich auch nur eine einzige Winde, einen Lasthaken und das medizinische Standardequipment des Herstellers für die Bell 212 und Bell 412. Wir haben hier Verbesserungen der Ausstattung schon vor fast 20 Jahren angefragt und wir warten immer noch auf die Freigabe zur Beschaffung. Wenn wir hoffentlich Mitglied der EU werden, dann wird es wohl auch zusätzliche finanzielle Mittel geben, denn Mazedonien wird dann die Außengrenze der EU zu sichern haben.“
Kritische Einsätze
Sasho Mojsoski ist Chef der Polizeifliegergruppe und sagt stolz: „Jeder Flug hat seine eigene Geschichte. Einige sind schön, andere nicht so sehr. Einmal mussten wir 26 Personen unserer Spezialkräfte aus einer entlegenen Region nahe der Nordgrenze zum Kosovo, wo sich viele Terroristen der National Liberation Army (UCK) aufhielten, ausfliegen. Wir sind mit einem schweren Mi-Hubschrauber im engen Hinterhof einer Schule gelandet, mit vielen Hindernissen im Umfeld. Wir haben es geschafft, völlig überladen aus diesem Ort wieder herauszukommen und alle vor den sich nähernden UCK-Kämpfern in Sicherheit zu bringen.
Dieser Artikel ist in voller Länge in der Ausgabe 2/2020 von ROTORBLATT – Deutschlands führendem Helikopter-Magazin zu lesen.
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